Im Winter ist es zweifarbig. Die kühle Luft besteht aus zwei gleichen Farben. Im Frühling herrscht eine bunte Mischung zwischen Nässe, Trockenheit und milden Windstößen. Frühlingshafte Tage beinhalten selbstverständlich ebenfalls winterliche Eigenschaften.
Und der Sommer ist der Anfang. Zu Beginn erhellt der Überfluss die Straßen. Durchschnitt. Und es bleibt nicht konstant. Den Herbst gibt es nicht. Ich liebte den Herbst. Irgendwann verdrängt in einen toten Winkel.
Schlagwort: deep
Vertizont
Zwing‘ es mir nicht auf.
Meine Zügel sind frei. Ich bin ohnehin schon anonym in meiner Welt. Außerhalb ist nichts, das mich besonders machen könnte.
Nicht einmal die Senkrechte in meinem Auge hält mich auf. Der Sprung erreicht mein Bewusstsein.
Rezeptfrei
Das Rezept. Da liegt es. Es liegt neben meiner Hand. Ich ergreife es. Das Papier, billiges Papier. Ich möchte daran riechen. „Klinisch rein“ nennt man das doch. Frei von Ängsten bin auch ich nicht.
Doch, was tust du hier, innere Stimme?
– Ich bin still. Jetzt musst du handeln.
Aber nein, wohin gehst du, verstumme nicht, ich will deinen Schrei hören, deinen Hilfeschrei! Ich will, dass du um Vergebung bettelst und flennst wie ein Kind. Ich zwinge dich auf die Knie! Sei gequält, du Ding!
„Rezeptfrei aus der Apotheke heißt wirksam und gut verträglich.“
Wie bitte, ich glaube ich träume. Was soll das für ein blöder Scherz sein. Dieser Automat. Er starrt mich an. Dieser Automat. Er will, dass ich mein Rezept in ihm versenke. Dieser Automat. Der steht da bedrohlich in der Ecke. Und trotzdem. Er verlangt von mir Unmögliches. Ein Automat.
…Für rezeptfreie Medikamente.
…Der eine Öffnung für Rezepte besitzt.
Und jetzt? Ich weiß nicht weiter, ich bin schnappatmungsintensivüberfordert. Dabei will ich doch nur eins. Ein glückliches Medikament, das nicht chemiebehandelt ist.
– Mach jetzt!
Du schon wieder. Ich habe gesagt, du sollst vor mir knien. Und jetzt schleichst du dich von hinten aus dem Hinterhalt an und pisst mich von der Seite an. Ich weiß genau, was zu tun ist. Ich muss des Automaten Maul zukleben, bevor es noch mehr Schaden in meiner Psyche anrichtet. Ich will doch nur ein Rezept einlösen. Warum zur Hölle sagt der Automat dann immer die gleiche Floskel. Rezeptfrei. Rezeptfrei. REZEPTFREI! Ich habe aber ein verdammtes Rezept. Ein gottverdammtes Rezept! Außerdem sind Medikamente nie gut verträglich und bedauerlicherweise meist nur semiwirksam.
Ich will das nicht. Ich will das nicht! Lasst mich in Ruhe! Nein!
Und der Krankenwagen fuhr zum wiederholten Male in Richtung Wiesloch West.

Dich
A: Ich sehe dich.
B: Dich, was heißt das?
A: Na dich – dich.
B: Mich.
Mich, meinen Körper?
Mich, meine Seele?
Mich, meinen Charakter?
Mich, meine Fehler?
Meine Vergangenheit?
Meine Zimmerpflanze, die sich in meinen glasigen Augen widerspiegelt?
Oder mich, einfach nur mich??
A: Dich. Einfach nur dich.
Lexikon des Leidens: Armut
Arm an Gefühlen, lacht er versehentlich und weint aus gedrungenem Mitleid gegenüber sich selbst. Doch einst, als zwischen ihm und seinen Empfindungen noch keine Mauer gezogen wurde, die nun ab und an überwunden wird, wenn das Wasser zu hoch steigt, lagen Trauer und sein Bewusstsein eng umschlungen in einer innigen Umarmung auf dem harten Boden, dessen Hände die Bluttränen auffingen. Oder aber, als es ihm die Freude ermöglichte, abzuheben und die Welt von oben zu sehen. Doch jetzt: Es ist so wenig in ihm. Und so wenig um ihn, das ihn bewegen könnte. Wie ein Stein bleibt er starr – im Gesicht, in seinen Gliedern. In seiner Seele. Jedes Zeichen von Lebendigkeit in seiner Mimik ist gewichen, stattdessen verweilt der abwartende Ausdruck auf seinen Zügen. Die Armut der Gemütsbewegungen hat ihn langsam aufgefressen, sodass nur noch ein knochiges Skelett zurück geblieben ist. Sie selbst ist ein recht wohl genährtes Absurdum. Sie lebt hinter der besagten Mauer und hält ihre Geißeln zurück. Es gibt keinen Weg, durch sie hindurch zu dringen. Keinen, außer, wenn jemand oder etwas es schafft, die allzu rasch wieder zuwachsende Mauer einzureißen, wodurch einige Geißeln ihre Freiheit wieder finden können. Oder, wenn jemand die Seele des Emotionslosen derart bespielt, dass Wellen schlagen im Land der Gefangenschaft. Somit gelingt es einigen Regungen zu entkommen – samt Tröpfchen, die auch noch hindurch fließen. Jedoch ist die Armut meist so stark, dass sie sogar das Leid selbst gefesselt hält und es damit nur noch überschwenglicher werden lässt. Das Hintergrundrauschen der entmachteten Gefühle verschlimmert das nüchterne Leiden des Besagten am Tag.
Hochmütige Anläufe
Das immune Gegenstück zur Selbstständigkeit der Gedanken richtet sich wie das Auge einer Fliege in Richtung dampfender Ereignisfreudigkeit, voller Überraschungen hinsichtlich Überwindung der Monotonie und alltäglichen Langeweile im Gedächtnis von unverborgenen Gewissheiten.
Beinahe verkörpert der Geruch von Vitalität und Zerstörung die Erfüllung eines lang ersehnten Wunsches. Im Topf brodelt jedoch die falsche Zutat für einen großartigen Erfolg.
Einbrechende Blicke
Bald gibt es keine Geheimnisse mehr. Alle Wunder entschwinden mit der gewaltsamen Öffnung der bis jeher verhüllenden Schale.
Bald gibt es keine Geheimnisse mehr. Der Schutz lässt nach, mein Verstand verabschiedet sich von dem längst ins Rollen gebrachten Stein, der die Hülle zerstört und den Schleier durchschneidet, gewaltsam und doch geschickt. Wunder entschwinden und geborgene Dunkelheit wird grell erleuchtet, während das Rätsel geöffnet und seziert wird.
Bald gibt es keine Geheimnisse mehr.
Die Gewalt spiegelt sich in meinem Auge wider, ohne dass ich sie sehen kann. Doch alle beobachten mich, und mich, die nicht kann und doch ist und mich, die nicht will und die muss.
Eine Aufführung, der ich nicht gewachsen bin. Ein Spiel, dem ich den Rücken zukehre. Und doch, es bin ich.
Sehnsucht nach Inspiration
Die Kreativität bleibt mir fern
Ich blicke stur geradeaus
Doch alles, was ich sehe, ist Leere
Bin umgeben von diesem und jenem
Aber die Kreativität bleibt mir fern
Ich will zeichnen, schreiben, malen
Formen, Worte, Farben
Schwirren umher
Hier und da
Und in meinem Kopf
Aber bilden keinen Knoten
Denn die Kreativität bleibt mir fern
Ich sehne mich nach Inspiration
Und durchsuche mein Bewusstsein
Nach Lösungen, Ideen, Visionen
Doch weiß ich nicht, wo sie sind
Da wird mir klar
Ich kann es nicht
Und gebe auf
Resigniert
Und frage mich
Weshalb bleibt mir die Kreativität nur so fern?
Blockade. Verdichtung der Gedanken- und Kommunikations-Paralyse
Zwei miteinander verschlungene Enden. Oder ein Knoten? Die Frage nach dem „Ob“. Der Knoten zog sich immer mehr zusammen, doch verwandelte er sich am höchsten Punkt in eine schlicht schöne Verschlingung.
Zeig mir deine Augen
Er ist da
Ich bin da
Wir blicken uns an
Er offenbart, was mir verborgen bleibt
Verpackt die Wahrheit in Lüge und Schmeichelei
Alles ist vertauscht
Nichts ist so, wie es zu sein scheint
Und doch ist es das, was er sieht
Aber ist es auch das, was ich sehe, was er mir zeigt?
Ich sehe Schlechtes im Guten
Der Moment ist kurz
Und mein Verstand ist beschränkt
Das bin nicht Ich, die er mir zeigt
Sie ist anders
Sie ist schön und sie ist hässlich, aber sie ist nicht Ich
Manchmal ist sie sehr speziell
Manchmal ist sie charmant
Manchmal ist sie scheußlich
Aber nie ist sie Ich
Er zeigt mir nicht, was mir verborgen bleibt
Er erzählt mir keine Wahrheit
Er lügt und lügt und lügt
Bis man ihm glaubt
Ich bin verliebt in die Unwahrheit
Und hasse sie zugleich
Spiegel, zeig mir deine Augen. Ich will aus ihnen sehen