GEDANKEN.

Schaf

Ein Schaf auf der Wiese. Es denkt nichts, es sagt nichts, es tut nichts. Es steht einfach nur da. Es existiert. Schafswollenweiß ist sein Fell. Starr ist sein Blick. Außenherum wird es manchmal Tag, manchmal Nacht. Manchmal ist es etwas dazwischen. Ich denke nicht, dass das Schaf grausame Hintergedanken hat. Ich denke nicht, dass unbewusst im Schafskopf viel vor sich geht. Ich denke, dass seine Wolle schön wäre für einen Pulli. Im Winter ist es kalt, weißt du? Schafe sind priviligierte Tiere. Manchmal wünsche ich mir ein Schaf zu sein. Den Winter in der Nase zu spüren und das saftige Gras zu fressen, wenn es nötig ist. Schafsein – das ist es.

GEDANKEN.

Wunschwolken

Ich bilde mir ein, im Himmel Formen zu erkennen, die sich losreißen, laufen, leben. Ich möchte gern mehr davon haben. Sie unterhalten mich recht gut. Immer nach oben schauen ist jedoch anstrengend. Also schließe ich die Augen, fühle die Wolken. Sie fühlen sich an wie Zuckerwatte. Ich greife hinein. Nichts klebt. Sondern überrascht mich mit Figuren, die durch die Hände in meinen Kopf gelangen. Ich bin in einer anderen Welt. Ich taste tiefer und finde undefinierbare Dinge, die mich neugierig machen. Ich will ganz eintauchen und meinen Kopf in den Wolken versenken.

GEDANKEN.

Vom Aussterben bedroht?

Kontroverse Kunst an deutschen Kunsthochschulen

Man muss aufpassen, was man sagt. Verbotene Wörter überall – es wimmelt nur so von Gefahren. Unsere Kultur gleich regelrecht einem Minenfeld. Triggerwarnungen, Einschränkungen, Zensuren bei Veröffentlichungen. Wohin führt uns das?

Es ist sicher bis zu einem gewissen Grad in Ordnung, wenn bestimmte Personengruppen durch das Vermeiden von bestimmten Begriffen geschützt werden. Es ist wichtig, dass Kinder vor Darstellungen von Gewalt geschützt werden. Wie geht man allerdings in der Kunst damit um? Ist Kunst nicht ein Bereich, wo man alles darf? Natürlich wurde über die Grenzen der Kunst schon oft diskutiert. Aber haben wir eine Antwort, die allen gefällt? Die Grenzen sind fließend und individuell zu ziehen.

Jahrelang sah ich Kunststudierende, die strebsam versuchten, kritisch und elitär zu sein. Aber alles auf einem braven Level. Bloß nicht anecken. Man will respektvoll sein und niemandem auf die Füße treten. Doch was wäre Kunst, wenn innerhalb dessen nicht alles erlaubt wäre? Oder wo zumindest nicht mehr toleriert werden würde als sonst? Kunst ist nicht die wahre, reale Welt.
Kunst ist Kunst. Es ist ein spezieller Rahmen, der gesteckt wird und der es erlaubt, Aussagen zu treffen und das auf eine ungewöhnliche Art und Weise.

Es wird zusehends weniger mit echter kontroverser Kunst, die aufrüttelt, rebelliert, kritisiert und provoziert. Das wäre ein Feld, dem wir uns intensiver widmen sollten. Denn es ist selbstverständlich nicht alles toll. Es gibt unzählige Dinge, die man kritisieren könnte und sollte. In Deutschland aktueller denn je. Wenn man nach dem „angemessenen“ Wie fragt, kommt die nächste Schwierigkeit. Ist ein Kunstprojekt zu sanft, zu still, trotz kritischem Inhalt, gewinnt es vielleicht den ein oder anderen Preis oder der oder die Künstler/in erhält ein Stipendium, im glücklichsten Falle. Aber interessiert es jemanden darüber hinaus?

Natürlich sollte man nicht provozieren, lediglich der Provokation wegen. Doch heute geht man im Stimmengewirr vom ungebändigten Medientalk unter. Einmal kurz mit den Fingernägeln an der Tafel zu kratzen, würde möglicherweise helfen. Was man dann mit der gewonnen Aufmerksamkeit tut, sei weise überlegt.

LYRIK.

Die

Die gehen shoppen
Die sind glücklich

Die schauen Netflix
Die sind glücklich

Die trinken Bier
Die sind glücklich

Die reden über Politik
Die sind glücklich

Die essen Pizza
Die sind glücklich

Die schauen Harry Potter
Die sind glücklich

Die haben Feierabend
Die sind glücklich

Die fahren in Urlaub
Die sind glücklich

Die hören Radio
Die sind glücklich

Die stehen morgens auf
Die gehen abends ins Bett
Die sind glücklich
Die sind glücklich

LYRIK.

Kein Himmel auf Erden


Unfassbar alt
Ungezwungen kalt

Wann ist es wieder so weit
Ich spüre die Unendlichkeit

Keine Karte kann mir helfen
Es hat keinem Sinn, Bücher zu wälzen

In mir ist die Lösung tief verborgen
Warte ab den nächsten Morgen

Doch keiner bringt das Glück ins Haus
Nur Pech, wohin du schaust

Habe vergessen zu leben
In meiner Seele wird es nie wieder beben

Hänge in den Seilen
Bin es leid, an meinem Leben zu feilen
Doch sollte ich mich so langsam beeilen

Nächste Woche
Nächsten Monat
Nächstes Jahr
Oder wann, wird wieder alles klar?
Alles ist so rar

Das Essen ist so fad’
Und der Rest auch
Nur auf eine andere Art

Wie entkomme ich meinem Leid
Meine Therapeutin meint
Dass es nicht eilt

Aber ich weiß nicht
Die Realität sticht mich

Habe Ängste, Zweifel, Sorgen
Selten fühl’ ich mich geborgen

Wie soll es weitergehen?
Habe so viele Aufgaben noch auf der Liste stehen

Komme nicht hinterher
Etwas an mir ist verkehrt

Zwinge mich aus dem Bett
Erfülle das bestimmte Etikett

Bin einfach schwach
Habe lange nicht mehr gelacht

Mein Leben findet kein Ende
Ich muss aufpassen
Dass ich meine Zeit nicht verschwende

Komm mit mir in die Dunkelheit
Dann heißt sie nicht mehr Einsamkeit

Begleite mich hinaus
Wir zeigen ihr eine Faust

Gemeinsam schwingen wir höher
Das ist sehr viel schöner

Es muss nicht der Himmel auf Erden sein
Aber ein Teil von mir ist für immer dein

GEDANKEN.

Wir haben Hunger

Hunger nach Nahrung
Hunger nach Paarung
Hunger nach Aufmerksamkeit
Hunger nach  Anerkennung
Hunger nach Erfolg
Hunger nach Wissen
Hunger nach Sensation
Hunger nach Menschen 
Hunger nach Leben
Hunger nach Liebe

Sind wir noch nicht satt?

Bild mit KI erstellt
PROSA.

Tief im Schneckenhaus

Von außen hübsch anzusehen, das Schneckenhaus. Muster, Maserungen und die typische spiralenhafte Form. Setzt man einen Fuß in die Öffnung, kommt einem jedoch direkt eine geheimnisvolle Prise ins Gesicht geweht. Kenne ich das, fragt man sich dann. Aber man kennt es nicht. Es erinnert an dies und an jenes, aber es ist neu. Wagt man einen Blick um die Ecke, wird es immer enger und etwas stickig. Gemütlich könnte man auch sagen. Keine zwei Schritte weiter und man fühlt sich fast wie ein Embryo in einem beinahe platzenden Mutterbauch. Hier ist es schön. Oder sollte ich lieber sagen, schrecklich? Kaum Luft zum Atmen. Man erstickt fast an seinem eigenen verseuchten Atem. Es gibt einen Weg hinaus, aber der ist blockiert. Ich bin selbst ein Korken, den man erst einmal ziehen müsste. Aber nun habe ich mich hier eingenistet. Komme nicht mehr heraus vor wohliger Einquetschung. Je enger desto besser, glaube ich. Gedämpfte Geräuschkulisse von außen dringt in das Haus, dringt in mich ein. Ich rücke noch einen Millimeter tiefer ins Gehäuse. Alles, was man jetzt noch wahrnehmen kann, ist man selbst. Interessant. Es gibt nur mich und sonst nichts. Ein Platz für mich. Zeit für mich. 
Da knackt es hart. Und spitz dringt es in Hals, Augen und andere Körperöffnungen. Das war’s könnte man meinen. Doch irgendein Besen wird schon kommen, wird alles wegfegen. Und dann.. Und dann geht es an einem anderen Ort weiter.

Bild mit KI erstellt
GEDANKEN.

Atmen

Die Enge treibt uns in den Wahnsinn. Befinden wir uns nicht schon längst in einem Luftschloss voller Illusionen? Wo auch immer wir hinsehen, Freiheit bleibt ein Wort auf einem platzenden Ballon, an dem wir unerbittlich festhalten. Bis wir fallen. Gleich darauf versinkt ein Teil von uns in Frustation, ein anderer in Resignation. Und dann tauchen wir ab. Unscheinbar und still verlässt uns ein letzter Gedanke an ein Leben von Luft und von Liebe, die schwindet, lange bevor der Atem vergeht. Ob grausam oder friedlich – unser Ende ist das gleiche. Ob es ein kranker Körper oder eine kranke Gesellschaft ist, die uns ersticken lässt – es ändert nichts an unserer unfreiwilligen Konsequenz, unser Leben in Luft aufzulösen.