Mit 20 Jahren fing ich an, zu modeln und mich somit nicht mehr zu verstecken. Jetzt bin ich 30 und blicke zurück auf ein Jahrzehnt vor der Kamera. Es war sicher vielseitig, schön, wild. Maximal kreativ. Die letzten zehn Jahre auf Fotos, auf Instagram waren ehrlich – manchmal vielleicht zu sehr.
Man könnte es als mächtigen Egotrip bezeichnen. Ich bezeichne es eher als Selbstfindungsreise, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Was sieht man auf den Fotos, auf denen ich, immer wieder ich, zu sehen bin? Selbstdarstellung, Selbstverliebtheit oder gar Selbstsucht? Süchtig bin ich definitiv. Jedoch nach Kunst allgemein und im Speziellen nach Fotografie.
Innerhalb dieser langen Zeit kamen viele Zusammenarbeiten zu Stande, unterdessen sind mir auch ein paar Fehler unterlaufen. Ich habe Menschen zu nah an mich herangelassen. Bin verletzt worden und habe verletzt. Die Kunst war nicht mehr nur Kunst, sondern ein Medium, um sich kennenzulernen, sich näher zu kommen. Um zu manipulieren, um einander vorzuführen. Das trifft natürlich nicht auf jede Zusammenarbeit zu. Die wenigsten waren jener toxischen Art. Das ein oder andere Mal hat sich eine Schieflage entwickelt (und später wieder aufgelöst). Wobei ich denke, dass es hin und wieder möglicherweise nicht zu solch tollen Aufnahmen gekommen wäre, wenn nicht so manche Emotion eine Rolle gespielt hätte. Ausnahmen. Jedenfalls.. Non, je ne regrette rien.
Es war ein Auf und Ab, nicht zuletzt mit meinem Gewicht und meiner Figur. Nicht schlimm genug, dass man ohnehin altert und sich damit verändert. Musste auch noch die Zahl auf meiner Waage so stark schwanken, dass es nicht mehr schön war. Aber das ist eine andere Geschichte, bestimmt auch für eine andere Zielgruppe.
Die Anfragen nahmen ab, je mehr ich zunahm. „Ist doch nur deine subjektive Wahrnehmung“, höre ich euch Leser fast schon denken. Nein, ist es nicht, es ist Fakt. Ob es nun daran liegt, dass ich mich nicht mehr wohl in meinem Körper fühle, was man vermutlich auf Fotos sehen kann oder daran, dass die überschüssigen Pfunde einfach nicht zu mir passen, nicht zu mir, nicht zu meinem Körper, nicht zu meinem Stil, den ich auf Fotos suche. Nicht zu meinem Anspruch und nicht zu meinem Schönheitsideal. Buff. Kaum jemand würde so was aussprechen.
So viel zum Thema Körper und Veränderung.
Es waren sowieso nicht nur Aufnahmen meines Körpers, sondern meines Charakters, meiner Persönlichkeit, unlimited. Vor der Kamera konnte ich grenzenlos werden, habe mich frei gefühlt, war nicht mehr in einer Zwangsjacke. Im wahrsten Sinne.
Ich habe es geliebt, mich fotografieren zu lassen. Egal ob mit Kleidung oder ohne. Ich habe es geliebt, mich zu zeigen, mich ins Szene zu setzen, jemand anders zu sein oder zu werden. Oder mehr Ich zu sein, wie man es letztendlich sehen will.
Authentizitätsexperimente, Studien meiner Identität, würde ich es nennen.
Wie mich andere gesehen haben, war immer der spannendere Moment. Spannender als Selbstportraits, als die Beschäftigung mit mir selbst und immer wieder mit mir selbst.
Das Miteinander, die Bestätigung sowie Wertschätzung durch die Person hinter der Kamera gaben mir unendlich viel. Und obwohl während des Prozesses auch Unsicherheiten und Ängste ihren Platz einnahmen, blieb am Ende das Ergebnis, das zählte. Fotos, die begeisterten. Künstlerische Arbeiten, die sich in ihrer Qualität und ihrer Originalität gegenseitig übertrafen. An dieser Stelle einen riesen Respekt vor den Fotokünstlerinnen und Fotokünstlern, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Besonders an diejenigen, mit denen eine mehrjährige Zusammenarbeit entstand und somit auch eine gemeinsame Reise durch verschiedene Episoden meiner durchaus experimentierfreudigen 20er.
Warum ich das hier alles in Vergangenheitsform schreibe? Weil ich nicht weiß, wie es weitergehen wird. Ich will die volle Bandbreite und eigentlich bin ich auch nicht bereit, Abstriche zu machen. Auf die nächsten zehn Jahre, egal wie.




